Logopädie

Morbus Parkinson beeinträchtigt auch die Funktion der Muskeln, die für das Sprechen verantwortlich sind. Zusätzlich ist bei Parkinson-Patienten oftmals die Atemmechanik gestört. Die Folge sind Sprechstörungen, wie leises, monotones Sprechen oder ein verändertes Sprechtempo. Zusätzlich können das Zittern der Stimme oder auch „Sprechblockaden“ die Verständigung mit anderen Menschen erschweren. Leider kommt es häufig vor, dass sich Parkinson-Patienten deswegen immer mehr zurückziehen und den verbalen Kontakt mit ihrer Umgebung auf das Notwendigste beschränken.

In den frühen Phasen der Parkinson-Erkrankung kommt es durch die Einnahme von Medikamenten oftmals auch zu einer Verbesserung der Sprechstörungen. In späteren Stadien kann ein gezieltes Sprechtraining (Logopädie) helfen, Stimm- und Sprechprobleme zu verringern. Auch Kau- und Schluckstörungen können durch gezielte logopädische Maßnahmen verbessert werden. Die logopädische Therapie sollte dabei möglichst frühzeitig beginnen und wie die Physiotherapie individuell auf die Bedürfnisse des einzelnen Patienten angepasst werden. Oftmals werden auch die Angehörigen des Parkinson-Patienten in das logopädische Übungsprogramm einbezogen; so können sie den Patienten später zu Hause optimal unterstützen.

Als derzeit am besten untersuchte Form der Logopädie gilt das speziell für Parkinson-Patienten entwickelte LSVT®-LOUD, das als intensive Einzeltherapie durchgeführt wird.

Quelle: http://www.parkinson-aktuell.de/behandlung-von-parkinson/nicht-medikamentoese-behandlung-bei-parkinson/logopaedie-bei-parkinson
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Dysarthrie (Sprechstörung) bei Morbus Parkinson

Charakteristisch dafür ist die leiser werdende, monotone Sprechweise verbunden mit ungenauen, kleinen, daher bisweilen schnellen Sprechbewegungen. Alle am Sprechablauf beteiligten Muskelgruppen, die der Atmung, der Stimmgebung, der Lautbildung, werden im Bewegungsfluss steifer und folglich kleiner.

Hierarchie der Dysarthrie Symptome bei Morbus Parkinson (Darley et al. 1975)

  • monotone Sprechstimmlage
  • nivellierte Akzentuierung
  • invariante Lautstärke
  • unpräzise Konsonantenbildung
  • inadäquate Pausenlängen
  • kurze Passagen mit überhastetem Sprechen
  • rauhe Stimmqualität
  • kontinuierlich behauchter Stimmklang
  • tiefe Stimmlage
  • wechselndes Sprechtempo

(Übersetzung Ackermann in Nebel/Deuschl, 2008)

Die Reihenfolge der Symptome verweist auf die Häufigkeit des Auftretens und die Schwere der Erkrankung, da die Symptome sich addieren.
Die Kommunikation wird durch eine leise Stimme und überhastetes Sprechen beeinträchtigt.
Infolge der kleiner werdenden Bewegungen werden die betroffenen Patienten zunehmend leiser und die Laute ungenau gebildet, bis sie kaum voneinander zu unterscheiden sind. Ramig und Mitarbeiter beobachteten, dass die Verständlichkeit der Parkinson-Patienten in erster Linie durch die geringe Lautstärke beeinträchtigt ist. Die leiser werdende Stimme ist in der Regel das erste Symptom der Dysarthrie. Der langsam einsetzende Prozess lässt oft den Beginn der Dysarthrie unbemerkt und es erfolgt eine Gewöhnung an die leise Stimme sowohl auf der Seite des betroffenen Patienten als auch seitens der Gesprächspartner. Die kleiner werdenden Sprechbewegungen führen oft auch zu erhöhtem Sprechtempo. Zusätzlich nimmt die Fähigkeit der Patienten ab, im Augenblick des Sprechens die Lautstärke oder das Sprechtempo zu bemerken und zu beeinflussen.

Folgen der Dysarthrie:

  • sozialer Rückzug
  • verringerter kommunikativer Austausch
  • häufige Missverständnisse
  • kommunikative und emotionale Verarmung
  • zunehmende Depression.

Welche logopädischen Behandlungsverfahren werden eingesetzt?

Nach Untersuchung der Lautstärke und ihrer Steigerungsfähigkeit, Artikulationsgenauigkeit, Sprechtempo sowie Fragen zur Lebensqualität wählt der Therapeut das für den jeweiligen Patienten voraussichtlich effektivste Behandlungsverfahren aus.

Stimmtherapie „Sei laut!“:

Während der Behandlung nach dem Lee Silverman Voice Treatment (LSVT) steigert der Patient systematisch die Lautstärke hin zu einer normal lauten, kraftvollen Stimme. Aufgrund täglicher Übungsaufgaben und hierarchisch aufgebauten Anwendungsschritten für den Alltag kann die wieder aktivierte, kraftvolle Stimme im Gespräch eingesetzt werden. Unter der Devise „Sei laut“ lernt der Patient, im Alltag sich selbst den Impuls zu geben, laut zu sprechen. 4 Wochen mit 4 Therapien pro Woche reichen im frühen Krankheitsverlauf aus, um eigenständig weiter zu arbeiten und im Alltag hinlänglich laut zu sprechen. Selbstverständlich hängt dies auch vom Krankheitsstadium ab. Je früher die Behandlung einsetzt, umso besser ist das Ergebnis, umso aufmerksamer sind Patient und Angehörige für erneutes Absinken der Lautstärke. Ist die Verständlichkeit spürbar betroffen und sind auch die kognitive Fähigkeiten verringert oder treten Halluzinationen auf, führt die Übung nur zu einem Mindestmaß an Verbesserung, dann kann vielleicht nur ein einzelnes wesentliches Wort laut gesagt werden. Ein früher Therapiebeginn und Auffrischungen bei nachlassender Stimmkraft verbessern die Chancen für erfolgreiche Kommunikation.

Tastbrett nach N. Helm. Gesprochen wird Wort für Wort und für jedes Wort in eine Lücke zwischen zwei Markierungen getippt (Helm, 1975).

Hilfsmittel: Stimmverstärker funktionieren wie ein Mikrophon mit Lautsprecher in Kleinformat und ermöglichen bei gut erhaltener Lautbildung eine erfolgreiche Kommunikation. Sie verlangen jedoch technische Kompetenz von Patienten und Umfeld. Umgang und Einsatz mit einem Stimmverstärker erfordert neben der Erprobung und Anpassung eine Zeit der täglichen Übung. Einfach und erfolgreich ist das sog. Tastbrett von Nancy Helm (Bild). Um das Sprechtempo zu verringern, wird bei jedem Wort zwischen die Markierung getippt (wie auf einer Leiter). Bei systematischer Übung (täglich 2-3 Wochen) auch mit den Angehörigen kann die Verständlichkeit verbessert werden. Allerdings muss das „Tastbrett“ konstant verwendet werden. Tastbrett und Stimmverstärker sind Hilfsmittel, die immer eingesetzt werden müssen. Sie führen nicht zu einer Eigenkontrolle des Sprechens.

Täglich Üben hilft: Jedes Verfahren erfordert einen Lernprozess, der für alle Parkinson-Patienten aufgrund des Dopaminmangels schwierig ist. Deswegen erfordert jedes Verfahren eine intensive d. h. tägliche Übungsphase über einen relativ kurzen Zeitraum (4 Wochen). Die eigenständige Übung erfordert anfangs tägliche Rückkoppelung, um das Lernen von Fehlern zu vermeiden. Nur eine gesicherte Bewertung der Lautstärke oder des Sprechtempos kann zu einer erfolgreichen Kommunikation führen.

Wo finden Sie weitere Informationen?

Mehr über Entstehung, Verlauf, Beschwerden und medizinische Behandlung ist nach zu lesen unter  www.kompetenznetz-parkinson.de. Anregungen zum Umgang mit der Erkrankung, Austausch mit anderen Patienten und Angehörigen finden sich unter: www.parkinson-vereinigung.de.
Zertifizierte Therapeuten im In- und Ausland finden sich auf : http://www.lsvtglobal.com, zertifizierte Logopäden in Deutschland findet man in der Logopädensuche.

Weiterführende Informationen

Behandlungsleitlinien
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) hat zwei Behandlungsleitlinien herausgegeben, die für den Bereich Dysarthrie von Bedeutung sind:

Die Bundeskommission für Qualitätsmanagement des dbl (BKQM) hat zu beiden Leitlinien eine Besprechung erarbeitet:

  • Leitlinie Dysarthrie/Dysarthrophonie
  • Leitlinie neurologische Rehabilitation

Verordnung nach Heilmittelkatalog

Je nach vorherrschendem Störungsbild Diagnosegruppen: SP 6, ST1
Die Verordnung von Sprechtherapie folgt gesetzlichen Regelungen, Hinweise dazu finden Sie auf der Seite „Logopädie wird verordnet“.

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation

Bei neuro-degenerativen Erkrankungen können auch Leistungen nach § 26 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) in Anspruch  genommen  werden. Hinweise zur neurologischen Rehabilitation finden Sie hier.

Literaturhinweise

Bertelsmann-Stiftung (2013). Was weiß und denkt die Bevölkerung über Alzheimer und andere Demenz-Erkrankungen.Gesundheitsmonitor 3, Broschüre zum Download: Newsletter Gesundheitsmonitor 3/2013

Darley FL, Aronson AE, Brown JR. (1975). Motor Speech Disorders. Philadelphia: W.B. Sanders

Nebel A, Deuschl G. (2008). Dysarthrie und Dysphagie bei Morbus Parkinson. Symptome, Diagnostik, Therapie. Stuttgart Thieme

Ziegler, W., Vogel, M. (2010). Dysarthrie verstehen – untersuchen – behandeln. Stuttgart: Thieme

Fortbildungsangebote

Links

dbl-Materialien

Quelle: https://www.dbl-ev.de/kommunikation-sprache-sprechen-stimme-schlucken/stoerungen-bei-erwachsenen/stoerungsbereiche/komplexe-stoerungen/neuro-degenerative-erkrankungen-am-beispiel-morbus-parkinson.html

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Das Gehirn neu einstellen

Die Lee Silverman Voice Treatment (LSVT) verbessert die Sprachfähigkeit

Manche Paare kennen diese Situation aus eigener Erfahrung: Der eine versteht seinen an Parkinson erkrankten Partner nicht mehr, denn der spricht nur noch leise und undeutlich. Der andere jedoch hält sein Sprachvermögen für völlig normal. Dieser Wahrnehmungsstörung rückt die 1987 in den USA entwickelte Lee Silverman Voice Treatment (LSVT) zu Leibe. Ihren Namen verdankt die Sprachtherapie einer der ersten damit behandelten Patientinnen.

Sabine Ifland hat sich auf die LSVT spezialisiert. „Das Gehirn wird neu eingestellt. Der durch die Krankheit vermittelte falsche Eindruck von der eigenen Sprache soll gelöscht und durch einen neuen Eindruck ersetzt werden“, sagt die Sprachtherapeutin aus Essen. „Der Patient muss lernen, laut zu sprechen und sich überdeutlich zu artikulieren.“ Immer wieder wird die Stimme des Behandelten aufgenommen, um die eigene Wahrnehmung und die Wirklichkeit miteinander abzugleichen. Die LSVT ist sehr intensiv: „An 20 Terminen hintereinander arbeiten Patient und Therapeut jeweils eine Stunde miteinander. Darüber hinaus muss der Patient täglich eine wei-tere Stunde allein üben, am Wochenende zwei“, erläutert die Expertin. Doch die Mühe lohnt sich. „Die Erfolge sind beeindruckend und halten ein bis zwei Jahre an.“ Dann kann man die Behandlung wiederholen.

Um Zugang zur LSVT zu bekommen, kann der Betroffene seinen Arzt ansprechen. Die Kosten werden von den Krankenkassen übernommen, gegebenenfalls fällt der übliche Eigenanteil an. Die Sprachtherapeutin weiß aus der Erfahrung in ihrer Praxis: „Es ist immer wieder schön, wenn die Angehörigen nach Ende der Behandlung zum Betroffenen sagen: ‚Jetzt kann ich dich wieder gut verstehen.‘“ [ to ]

Quelle: Magazin PARKOUR. Herausgeberin ist die Firma AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG. Das Magazin wird in den neurologischen Arztpraxen, Kliniken, Ambulanzen und Apotheken ausgelegt.

 

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